Weihnachten aus Sicht der griechisch-orthodoxen KircheJesus ist geboren
Archimandrit Petros Klitsch ist Pfarrer der Salvatorkirche in München und Bischöflicher Vikar der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland. Er beschreibt Weihnachten aus Sicht der griechisch-orthodoxen Kirche. Das Fest der Geburt Christi ist das Zentrum der unbeweglichen Feste im Festkalender der Orthodoxen Kirche. Der Wortgebrauch „Weihnachten“ von geweihte oder heilige Nacht differenziert sich in der Orthodoxen Kirche, in der das Fest mit „Christi Geburt“ (Χριστούγεννα) präzise den Inhalt des Festes wiedergibt.
Die Feier der Geburt Christi in der Orthodoxen Kirche
Das Fest der Geburt Christi ist tief in den Gottesdiensten verwurzelt, die seit Jahrhunderten überliefert sind. Das Fest wird bereits ab dem Fest des Tempelgangs Mariens am 21. November mit dem sehr bekannten liturgischen Gesang „Christus wird geboren lobpreiset“ angekündigt. Vor dem Festtag selbst wird das Große oder Königliche Stundengebet in den Kirchengemeinden gebetet. Am Vorabend des Festes, der Tag bricht im Tageskreis der Orthodoxen Kirche mit dem Abend an, ist die Feier der Göttlichen Liturge des hl. Kirchenvaters Basilos des Großen vorgesehen. Am Festtag selbst der Geburt Christi am 25. Dezember wird in den frühen Morgenstunden die Göttliche Liturgie des hl. Kirchenvaters Johannes Chrysostomos gefeiert. Diese Tradition wird bis heute in den orthodoxen Dörfern und Ländern praktiziert, ist aber hier in Deutschland aufgrund der nicht fußläufigen Entfernung zu den orthodoxen Kirchengemeinden nicht immer möglich.
Der Kalenderunterschied: 25. Dezember oder 7. Januar?
Einer der bekanntesten Unterschiede zwischen den orthodoxen Kirchen und den westlichen christlichen Traditionen erscheint im Datum des Festes. Während in den meisten westlichen Ländern das Weihnachtsfest am 25. Dezember gefeiert wird, meinen viele Menschen, dass das orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar gefeiert wird. Genau genommen ist das falsch. Der Unterschied hat seinen Ursprung in der Verwendung zweier unterschiedlicher Kalender: des gregorianischen Kalenders und des älteren julianischen Kalenders.
Im Jahr 1582 führte Papst Gregor XIII. den gregorianischen Kalender ein, um die Ungenauigkeiten des julianischen Kalenders zu korrigieren, der zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Tage hinter dem Sonnenjahr zurücklag. Aufgrund dieser unterschiedlichen Kalender ist der 25. Dezember im julianischen Kalender heute 13 Tage später, nämlich am 7. Januar im gregorianischen Kalender. Dadurch verschieben sich alle unbeweglichen Feste um jeweils 13 Tage.
Da die Orthodoxe Kirche durch autokephale Ortskirchen verwaltet wird, haben einige orthodoxe Ortskirchen, beispielsweise die Patriarchate von Antiochien und Jerusalem, die Georgische-Orthodoxe Kirche, die Russische-Orthodoxe Kirche, die Serbische-Orthodoxe Kirche und die Athos-Klöster sich entschieden, den julianischen Kalender beizubehalten. Andere wiederum haben den sogenannten „neuen julianischen Kalender“ eingeführt, der mit dem gregorianischen Kalender übereinstimmt. Das Fest der Geburt Christi wird also entsprechend dem in der Kirchengemeinde verwendeten Kalender am 25. Dezember gefeiert.
Adventszeit und Fastenzeit
Während im westlichen Christentum die Adventszeit die vier Sonntage vor Weihnachten umfasst, traditionell als eine Zeit des Wartens und der Besinnung auf die Ankunft Christi gilt, ist diese Zeit in der Orthodoxen Kirche deutlich strenger und stärker durch Fasten geprägt. In der orthodoxen Tradition beginnt die Vorbereitung auf das Fest der Geburt Christi mit der Fastenzeit, die am 15. November beginnt und 40 Tage andauert. 13 Tage später beginnt diese im julianischen Kalender. Sie ist eine der vier längeren Fastenzeiten vor den großen Festen (Weihnachten, Ostern, vor dem Apostelfest am 29. Juni und vor dem Fest der Entschlafung Mariens am 15. August) im Kirchenjahr. In den Fastenzeiten verzichten orthodoxe Gläubige auf Fleisch, Milchprodukte, Eier und in einigen Fällen auch auf Fisch, Öl und Wein. Wobei in der Fastenzeit vor der Geburt Christi Fischverzehr überwiegend gestattet ist und deshalb als „leichte Fastenzeit“ gilt.
Typische Weihnachtsbräuche in Griechenland
Die Bräuche zur Feier von Weihnachten sind in den verschiedenen orthodox geprägten Ländern vielfältig. Einige griechische Traditionen und Speisen werden im Folgenden beschrieben:
Weihnachtsbaum:
Bräuche, die in der griechischen Kultur verwurzelt sind. Dazu gehört das Schmücken eines Holzbootes – zuhause als Miniatur. Da Griechenland eine lange Seefahrertradition hat, ist das Boot ein Symbol der Verbundenheit mit dem Meer. Allerdings gibt es Hinweise auf alte Bräuche im öströmischen Reich und im antiken Griechenland, die als Vorläufer des Weihnachtsbaums angesehen werden könnten. Im wechselseitigen Austausch der Traditionen des Westens und Ostens stellt der geschmückte Weihnachtsbaum ein Zeichen der Hoffnung auf die Erlösung durch die Geburt Jesu Christi dar.
Gebäck:
Während der Fastenzeit sind Melomakarona das traditionelle griechische Gebäck. Diese süßen Kekse bestehen aus einem Teig ohne Eier und Milchprodukten auf Basis von Olivenöl, Orangen und Grieß, der nach dem Backen in einem Sirup aus Honig, Zucker und Wasser getränkt wird. Das verleiht ihnen ihre charakteristische Süße und saftige Textur. Oft werden sie mit Zimt, Nelken und Nüssen, insbesondere gehackten Walnüssen, verfeinert. Nach der Fastenzeit sind Kourampiedes das traditionelle Weihnachtsgebäck, das für seine zarte, buttrige Textur mit Mandeln und seine großzügige Bestäubung mit Puderzucker bekannt ist, was charakteristisches schneeweißes Aussehen gibt.
Christopsomo "Christusbrot": Ein rundes, reichhaltig verziertes Brot, das traditionell zu Weihnachten gebacken wird.
Weihnachtslieder:
In vielen orthodoxen Ländern sind Kalanda bekannt. Diese Tradition, das Fest der Geburt Christi am Vortag den Haushalten anzukündigen, wird oft von Kindern und Jugendlichen gepflegt. Sie ziehen von Haus zu Haus und singen die Lieder, während sie kleine Geschenke oder Süßigkeiten erhalten. Ein traditionelles Bild zeigt, wie Kinder auch ein geschmücktes Boot dabei halten.
Hauptspeise:
Beim Festmahl, nach dem Kirchenbesuch und dem Empfang der heiligen Kommunion, mit Familie, Verwandten und Freunden ist die Hauptspeise gefüllter Truthahn oder gefüllte Hähnchen mit einer Füllung aus Reis, Hackfleisch, Rosinen, Nüssen und Gewürzen. An anderen Orten wird eher Schwein als Hauptgericht im Ofen zubereitet. Traditionelle Würste mit Lauch, deren Herstellung mit dem ursprünglich vorweihnachtlichen Schlachten des Hausschweins in Zusammenhang steht, runden den Festtagsschmaus ab.
Ikonenverehrung:
In der Orthodoxen Kirche spielen Ikonen eine zentrale Rolle. Daher sind Weihnachtskrippen weniger bekannt. Zu den Gottesdiensten wird die Ikone der Geburt Christi im Zentrum der Kirche aufgestellt. Die Ikone zeigt einen Berg mit Höhle, in der Maria, die Muttergottes liegt. Jesus Christus, in weißen Windeln gewickelt, liegt neben ihr, genau in der Mitte der Ikone, in einer Krippe, die eher wie ein kleiner Sarkophag aussieht. In tief theologischer Weise wird das Mysterium der Geburt Jesu Christi mit Tod und Auferstehung als sein Heilswerk für die Menschen ikonographisch verbunden.
Die Heiligen Zwölf Tage von der Geburt Jesu Christi bis zur Theophanie
Umgangssprachlich heißt es im Griechischen: „Die Feste kommen.“ Der Zeitraum umfasst zwölf Tage von der Geburt Christi am 25. Dezember bis zum Fest der Theophanie am 6. Januar. Um der Genauigkeit willen wird hierzu der Fasttag am Vortag der Theophanie nicht mitgezählt, weil es eben kein Festtag, sondern ein strenger Fasttag ist. In diesen Tagen wird auf das Fasten an den grundsätzlichen Fasttagen Mittwoch und Freitag verzichtet.
Folgende Feste reihen sich im Zwölftagefest ein: Der Namenstag des heiligen Erstmärtyrers und Diakons Stephanos, die Beschneidung des Herrn am Neujahrstag, also acht Tage nach seiner Geburt, gemeinsam mit dem Namenstag des heiligen Basilios des Großen. Die weihnachtliche Festzeit wird mit dem Fest der Taufe Jesu Christi im Jordan, bei der sich die Personen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes offenbart haben und deshalb auch Theophanie (Gottes Erscheinung) genannt, abgeschlossen.
Das Christgeburtsfest ist mit festlichen Bräuchen weltweit einzigartig. So einzigartig, dass es die übliche Zeitrechnung in „vor Christus“ und „nach Christus“ eingeteilt hat. Trotz unterschiedlicher Ausprägungen tief verwurzelter Traditionen der Christen, bleibt die Botschaft der Engel an die Hirten: „Jesus Christus, der Retter der Welt, ist geboren“ bis heute aktuell.