Bei Hightech-Offensive müssen nach Ansicht der Katholischen Erziehergemeinschaft alle Schüler mitgenommen werden – Klare Worte beim Neujahrsempfang
Neujahresempfang der KEG Niederbayern
„Wir brauchen Hirn statt Handys“
Passau. Als starkes Wertebündnis hat der neugewählte Landesvorsitzende Martin Goppel beim Neujahrsempfang auf Kreisebene die Katholische Erziehergemeinschaft (KEG) gerühmt. „Wir in der KEG jammern nicht, wir machen“, bekundete der Enkel des früheren Bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel im Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche auf Passau-Mariahilf. Mit Blick auf den Trend hin zur verstärkten Nutzung der sogenannten Künstlichen Intelligenz propagierte der Sprecher: „Wir brauchen Hirn statt Handys.“ Bei der Hightech-Offensive und Digitalisierung müssten alle – Schüler wie Lehrer und Verwaltungskräfte – mitgenommen werden, so Goppel.
In seiner prägnanten Festrede von nur knapp 15 Minuten Dauer verwies der Gast zunächst auf die vielen von der KEG erreichten Punkte – darunter die konsequent umgesetzte einheitliche Dotierung von Lehrern nach der Beamtenbesoldungsstufe A13. Ein gutes Ergebnis, wie er sagte. „Aber wir haben noch viel zu tun“, fügte Goppel hinzu. Lobend erwähnte er, dass der Freistaat Bayern jeden dritten Euro in die Zukunft, sprich Bildung, investiere. Der neue Haushalt des bayerischen Kabinetts belege eindrucksvoll, „unsere Lehrerinnen und Lehrer sind der Schlüssel für Demokratie und Wohlstand in unserem Land“, unterstrich der Landesvorsitzende.
Stolz hob Goppel hervor, dass es im Freistaat als erstem deutschen Bundesland eine Expertenkommission gebe, um die Lehrerbildung voranzubringen. „Wir müssen da Gas geben“, forderte er ein und machte sich eindeutig stark für eine Konzentration auf die Kernaufgaben der Pädagoginnen und Pädagogen aus. Unterricht solle Unterricht bleiben, er solle den Schülerinnen und Schülern Angebote machen. Kern- und Basiskompetenzen sollten wieder stärker in den Fokus des Lernens rücken, so der Verbandssprecher, der auch für den Ausbau der Weiterbildungen im Bereich digitaler Kompetenzen plädierte.
Angesichts der Wertebindung sollen nach Goppels Überzeugung Fächer, die zur Werte-Erziehung und Demokratie-Bildung beitragen, nicht infrage gestellt werden. Der KEG-Landesvorsitzende und Präsident der 65.000 Mitglieder zählenden abl (Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände) bezog hier – auch im Vorfeld der Europawahlen Anfang Juni dieses Jahres – klar Stellung gegen demokratiefeindliche Bestrebungen. „Wir wollen Lust auf Europa machen“, skandierte er und stellte fest, dass gemeinsame Haltung gezeigt werden müsse für die Demokratie, zugleich gegen Antisemitismus und Rassismus. Staat und Gesellschaft dürften keine Räume zulassen, in denen Antisemitismus und Rassismus sowie jegliche Form von Extremismus unwidersprochen bleiben.
Keinen Hehl machte Goppel aus der immensen Herausforderung durch die derzeitige Situation im eigenen Land und an den internationalen Krisenherden, der nur mit klarer Haltung und hoher Sensibilität entsprochen werden könne. Es sei höchste Zeit, den Lehrkräften, die an allen Schularten täglich Großartiges leisten, die angekündigte Unterstützung und Wertschätzung zukommen zu lassen, so der KEG-Landesvorsitzende, der zugleich der Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände vorsteht. Gerade zur Realisierung der Integration brauche es – nicht zuletzt unter dem Aspekt, dass eine bunte Kultur viele Vorteile habe – „ganzheitliche Konzepte von der Kita bis zur Hochschule“. Goppels Credo: „Beste Bildung gibt Halt.“
Auch der KEG-Kreisvorsitzende Robert Drexler griff in seiner Begrüßung die vielfältigen Probleme auf der Erde auf. Jeder könne seinen Beitrag leisten, im Kleinen an einem lebenswerten, friedlichen und zukunftsfähigen Umfeld mitzuarbeiten. Ein großer Baustein dazu sei es, beste Bildung zu ermöglichen. In der heutigen schnelllebigen, von Technik und digitalen Medien geprägten Zeit seien jedoch die Erwartung an einen gebildeten Menschen und die Bildungsziele teilweise ganz andere. Was jedoch beste Bildung ausmache, darüber philosophierte Drexler und stellte eine von vielen Fragen an den Schluss seiner Reihung, ob am Ende doch diejenigen am besten gebildet seien, „die die Demokratie, in der wir leben dürfen, schätzen und sich für die Erhaltung der demokratischen Werte einsetzen“ oder die, für die Werte und die sogenannten Schlüsselqualifikationen wie Hilfsbereitschaft, Höflichkeit, Toleranz und Rücksichtnahme noch von Bedeutung seien.
Drexlers Botschaft zielte auf Kriterien für beste Bildung ab, die „vor allem aber das Menschliche, die Persönlichkeit jedes Einzelnen und die unsere christlich orientierte Gesellschaft prägenden Werte nie aus den Augen verlieren dürfen.“ Der Kreisvorsitzende wörtlich: „Die KEG möchte und muss in diesem Bildungsprozess, der im Elternhaus, in den verschiedenen Bildungseinrichtungen und im sozialen Umfeld jedes Einzelnen stattfindet, der aber auch von Medien und sozialen Netzwerken massiv beeinflusst wird, ein gewichtiges Wort mitreden.“ Umso mehr freute sich Drexler über die Anwesenheit auch von Politikwissenschaftler Prof. Dr. Heinrich Oberreuter sowie der früheren Oberin seiner ehemaligen Wirkungsstätte, der Heimvolksschule St. Maria in Fürstenzell, Schwester Magdalena mit Schwester Anna, vom Kloster Neustift bei Ortenburg.
Auf ein im Autoradio gehörtes Lied der Gruppe „Silbermond“ mit der Frage, was gibt Sicherheit, verwies Anja Wagner-Hölzl, Abteilungsleiterin Schulen und Hochschule im Bistum Passau, in ihrem Grußwort mit besten Wünschen des Diözesanbischofs Dr. Stefan Oster. Dieser Song klinge für sie wie ein Gebet, beteuerte die Schulamtsdirektorin im Kirchendienst, zumal sich alle nach Sicherheit, Beständigkeit und Verlässlichkeit sehnten – „Werte, die wir auf Gott beziehen“, die im zwischenmenschlichen Miteinander erfahren und eingeübt werden müssten. Die Pädagogen und Pädagoginnen hätten hierin die wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe, aus ihrem Gottvertrauen heraus Halt und Orientierung zu geben.
Unter Hinweis auf das unvorstellbare Leid in unvorstellbaren Kriegen skizzierte der stellvertretende Landrat Klaus Jeggle auch die große Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer für Kinder, die traumatisiert seien, kaum ein Wort Deutsch verstünden oder auch sozial nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens stünden. „Es zeichnet bei uns eine Lehrkraft aus, dass sie hinsieht und handelt, nicht die Frage nach dem Muss oder Soll stellt, sondern im Interesse der ihr anvertrauten Kinder erzieht“, konstatierte Jeggle, selbst einst Schulamtsdirektor. Seiner Überzeugung nach müssen kognitives Lernen und Wissen vielmehr eingebunden werden in die Vermittlung von Orientierung, von Haltung und Werten, die auch vorgelebt werden müssen. „Daher wertschätzen wir die Zielsetzung der KEG ganz besonders“, so der Vize-Landrat, der rund um den KI-Hype die kritische Frage stellte, „wo bleibt der Menschen mit dem, was ihn ausmacht.“
Unter dem Eindruck der von Valerie Watts mit wunderbarer Stimme zu Gitarrenklängen vorgetragenen Lieder zur Umrahmung des Neujahrsempfangs – darunter das legendäre „Imagine“ von John Lennon – überlegte der KEG-Bezirksvorsitzende Erwin Müller kurz, ob es nicht besser wäre, wenn Lehrer im Unterricht singen, um die Herzen der Schüler gezielter zu erreichen. „Es muss jemand handeln“, forderte der Grußwortredner anstelle dauernder Absichtsbekundungen ein. Gerade die KEG sei ein Verband, der Menschen in Verbindung bringe, in den Austausch untereinander. „Genau um das geht’s, dass jemand für mich da ist“, erklärte Müller und münzte diesen Grundsatz ebenso auf die Situation der Kinder in den Schulen um. Sein markanter Schlusssatz: „Wir dürfen uns durch die Digitalisierung das Menschsein nicht wegnehmen lassen.“
BERNHARD BRUNNER