Humans of KEG: Neuer Wind in der KEG Bayern

Frischen Wind gab es mit der LVV in Bamberg, denn es wurde ein neuer Vorstand gewählt und ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet. Aber auch an anderer Stelle zeigen sich neue Köpfe und läuten eine neue Ära ein. Es wurden neue Referatsleiter gewählt und seit langem sind wieder alle Referate der KEG Bayern voll besetzt. In dieser CB wollen wir die neu gewählte Landesvorsitzende der jungen KEG Franziska Armbruster sowie den neu gewählten Landesreferatsleiter der Mittelschule Markus Mayer zu spannenden Themen befragen.

Fragen an:

Franziska Armbuster

  • Landesvorsitzende der jungen KEG

  • Grundschullehrerin in Neu-Ulm-Offenhausen (Schwaben)

  • derzeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung Schwaben und Neu-U

Ladies first, liebe Frau Armbruster. Herzlichen Glückwunsch zur Wahl zu der Landesvorsitzenden der Jungen KEG und Gottes Segen. Was hat Sie angetrieben, sich für dieses Amt aufzustellen?

Ich habe vor ein paar Jahren den KEG-Studentenring an der Uni Augsburg geleitet und wieder aufleben lassen. Jetzt habe ich Lust mich auch bei den Junglehrerinnen und Junglehrern zu engagieren.

Was sind in Ihrem Referat gerade die Herausforderungen? Wo drückt der Schuh?

Viele junge Kolleginnen und Kollegen sind aktuell nicht mehr in einem Berufsverband Mitglied, weil sie den Vorteil einer gewerkschaftlichen Vertretung nicht mehr sehen. Ich denke, dass wir die Junge KEG-Vorteile wieder an diese Zielgruppe heranführen müssen. Denn ohne aktive Berufsverbände verliert unsere Berufsgruppe die Chance in der Politik die Schullandschaft aktiv mitzugestalten. Gerade jetzt mit der Lehrerbildung, den digitalen und modernen Themen, ist jetzt unsere größte Chance.

Man sagt uns in der Geschäftsstelle, man spürt frischen Wind in der KEG und eine Art Aufbruchstimmung. Woran machen Sie das fest?

Vielleicht daran, dass Martin Goppel als junger Vorsitzender mit einem jungen Team jetzt an der Spitze steht. Die KEG muss sich umorientieren, um auch für die kommende Generation interessant zu sein. Das wird wohl die größte Herausforderung in den nächsten Jahren und das werden wir gemeinsam angehen. Mit neuen Ideen, Leidenschaft und eben auch mit der nötigen Kraft.

Was ist ihr Ziel für die nächsten vier Jahre?

Gemeinsam mit meinen beiden Kolleginnen Jana Gürtler und Magdalena Kiefersauer in der Jungen KEG möchte ich die Vorzüge der KEG in die Lehrerzimmer und an die jungen Kolleginnen heranbringen. Nur wenn die Arbeit im Verband und der Mehrwert eines Engagements darin für alle begreifbar gemacht werden, kann die KEG diese als junge Mitglieder gewinnen

Unser Leitthema stellt sich der Frage „Meister vs. Master“. Vielen ist gar nicht bewusst, dass der Mehrheit der Jugendlichen der Durchblick bei der Berufswahl fehlt. Woran liegt das? Und finden Sie es gut, dass gefühlt jeder studiert?

Der Fokus liegt meiner Meinung nach überhaupt nicht auf dem Thema „Berufswahl“. Etwas Zeit für Praktika und ein paar Unterrichtsstunden zu diesem Thema in der Oberstufe schneiden einzelne wichtige Themen an. Aber um tatsächlich richtig zu unterstützen, müssten in allen weiterführenden Schularten (auch in der Mittelschule als weiterführende Schule) Ausbildungsberufe und Studiengänge gleichermaßen vorgestellt und auch deren Schwerpunkte mit den Stärken der Schülerinnen und Schüler verglichen werden. Nur durch die Zusammenarbeit mit solchen externen Partnern können mehr junge Erwachsene für einen zu ihnen passenden Beruf gewonnen werden.

Nur 6 % der Abiturienten wollen Lehrerin oder Lehrer werden. Um dem Fachkräftemangel zu entgegnen, müssten es 16 % sein. Warum empfehlen Sie den Lehrberuf und was würden Sie Abiturienten, die gerade jetzt den Abschluss machen, raten?

Einerseits kann ich das verstehen, da sich – vor allem in Zeiten des Lehrermangels – das System Schule in Deutschland verändern muss, um junge Leute für den Beruf zu begeistern. Das pädagogische Personal braucht fachliche Unterstützung. Schule und Kita können allein durch den Ganztag nicht alle gesellschaftlichen Probleme auffangen. Der Beruf ist auch ein sehr herausfordernder Beruf, da die Kinder von einem täglich oft mehr als 100 Prozent Aufmerksamkeit einfordern. Andererseits empfehle ich es Lehrerin bzw. Lehrer zu werden, da man in diesem Beruf die zukünftige Gesellschaft stark mitgestalten kann. Es macht einfach Spaß mit Kindern in den Austausch zu kommen und ihnen Werte und Wissen zu vermitteln. Durch die direkte Zusammenarbeit mit den jungen Menschen bekomme ich täglich motivierende Rückmeldung zu meiner Arbeit. Die kreativen Ideen und lustigen Einfälle einiger Kinder zaubern einem schon oft ein spontanes Lächeln ins Gesicht!

Was müsste sich – Ihrer Meinung nach – im Lehramtsstudium ändern, um perfekt vorbereitet in den Unterricht zu gehen?

Ich finde die Idee eines für alle Lehrämter gemeinsamen „Grund-/ Bachelorstudiums“ super. In diesen Zeitraum sollten neben den pädagogischen Grundlagen bereits Praktika in allen Schularten integriert sein, sodass am Ende klar ist, mit welchem Alter man arbeiten möchte und in welcher Schulart man sich später sieht. Dieses Modell gibt es in anderen Bundesländern schon lange... Im anschließenden „Masterstudium“ können dann Schulart und fachspezifische Inhalte erarbeitet und vertieft werden. Darin sollte es ein „Praxissemester oder -schuljahr“ geben, um richtig in „Schule“ hineinzuwachsen. Beispielsweise könnte eine Lehrkraft in einer Art „Tutorenprogramm“ unterstützt werden. So erlebt man, ob der Beruf einem wirklich liegt. Außerdem sollten Möglichkeiten wie Auslandsstudium und -semester für alle Schularten gut integrierbar mit kompletter Anrechnung angeboten werden. So können Studierende andere Schulsysteme kennenlernen und neue Ideen in unsere deutschen Schulen einbringen. Um tatsächlich mehr Abiturientinnen und Abiturienten als Lehrkräfte zu gewinnen, sollte auch in Betracht gezogen werden, das Staatsexamen in einen Masterstudiengang mit Masterabschluss umzuwandeln oder beides anzubieten. Junge Menschen wollen Flexibilität bzgl. ihrer zukünftigen Arbeitsstelle und die wird ihnen derzeit mit einem Examensabschluss nicht geboten. Vielleicht kann auch die Möglichkeit eröffnet werden, mit einem Staatsexamen als verbeamtete Lehrkraft zu arbeiten und mit einem Masterabschluss als angestellte Lehrkraft bzw. durch den Masterabschluss die Möglichkeit da sein, sich universitär weiterzubilden.

Fragen an:
Markus Mayer

  • Referatsleiter Mittelschule

  • verheiratet, drei Kinder

  • Schulleiter der Freiherr-von-Stain-Mittelschule Ichenhausen im Landkreis Günzburg (Schwaben)

  • Stellv. Kreisvorsitzender der KEG Günzburg

Lieber Markus Mayer, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Landesreferatsleiter des Referates Mittelschule. Wir wünschen auch Ihnen alles Gute und Gottes Segen. Was hat Sie angetrieben, sich für dieses Amt aufzustellen?

Vergelts Gott! Bis jetzt habe ich im AK Mittelschule mitgearbeitet und möchte nun die gewinnbringende Arbeit von Eugen Preiss, der mit viel Weitblick, Engagement und Erfahrung diesen geleitet hat, fortführen. Momentan arbeite ich noch in anderen Gremien zur Bildungspolitik in Schwaben und Bayern und möchte helfen die Mittelschule als Schulart weiterzuentwickeln und zu etablieren. Denn oft werden wir von verschiedenen Seiten stiefmütterlich behandelt, belächelt und als Restschule abgestempelt. Einer meiner Wahlsprüche lautet „Kein Kind muss sich schämen auf die Mittelschule zu gehen, kein Lehrer muss sich in die Ecke stellen lassen, nur weil er an einer Mittelschule unterrichtet, denn jeder kann seine Sterne neu ordnen.“ (Heath Ledger) Wir haben adäquate Abschlüsse, die in unserem durchlässigen Schulsystem alle Anschluss- und Weiterbildungsmöglichkeiten bieten.

Was sind in Ihrem Referat gerade die Herausforderungen? Wo drückt der Schuh?

Mittelschule als die heterogenste Schulart mit vielen unterschiedlichen Herausforderungen: Migration, Digitalisierung, Berufsorientierungsmaßnahmen, Integration, Inklusion, Deutschklasse, P-Klasse, Brückenklasse, M-Klasse, Mi-Klasse, Ganztagesbetreuung, Profilbildung der Mittelschule, vermehrte Zusammenarbeit im Schulverbund und letztlich der Lehrermangel im Allgemeinen. Es prasselt viel auf uns Lehrkräfte ein. Wir sind die „loyalste Behörde“ überhaupt – von Jahr zu Jahr übernehmen wir weitere Aufgaben und kämpfen dergleich mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand und bürokratischen Hürden. Aber wir machen das gerne zum Wohle unserer Schülerinnen und Schüler. Lange geht das aber nicht mehr gut. Wir brauchen Unterstützungsmechanismen, damit wir unseren Schülerinnen und Schülern die Ausbildung zukommen lassen können, die die Wirtschaft benötigt und ihnen gerecht wird.

Man sagt uns in der Geschäftsstelle, man spürt frischen Wind in der KEG und eine Art Aufbruchstimmung. Woran machen Sie das fest?

Ja, ich habe den Eindruck, dass sich die KEG in den letzten Jahren verändert hat. Besonders positiv fiel mir das auf der LVV in Bamberg auf. Es war eine hervorragende Stimmung – gemeinsamer Spirit – und man hatte den Eindruck, dass wir als KEG auf dem richtigen Weg sind. Generell spürt man aber die Veränderung am unkomplizierten, kollegialen Auftreten und am Standing unserer Führungsriege und deren innovativen Ideen. Aber auch das Layout der Homepage, der Zeitschrift CB und an manch neuen Formaten in den Bezirken. Erfreulicherweise finden sich auch immer wieder junge KEGler, die mitwirken und mitanpacken wollen. Das bereichert ungemein. Und dabei hatte man in Bamberg den Eindruck, dass auch die älteren Funktionäre Spaß daran hatten, denn deren rechtliche Expertise und Erfahrung korrelierte gewinnbringend mit den neuen Ansätzen.

Was ist ihr Ziel für die nächsten vier Jahre?

Insgesamt geht es mir darum das Ansehen der Mittelschule zu erhöhen und in einer politisch ehrlichen Diskussion zu halten, denn wir Lehrkräfte halten einen modernen, digitalen Unterricht und müssen uns für unsere Leistungen und unser Engagement nicht verstecken. Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen im Arbeitskreis möchte ich Impulse und Anregungen erarbeiten, die helfen sollen, die Arbeit an den Mittelschulen in Bayern zu unterstützen und zu stärken. Wir wollen Bedarfe rechtzeitig erkennen und die Verbesserungsvorschläge an den Hauptausschuss zur weiteren Aussprache vorlegen ggf. mit Bildungspolitikern selbst in Austausch zu treten und somit Veränderungen anzustreben. Ich hoffe, dass wir viele MitstreiterInnen für den Arbeitskreis bayernweit gewinnen können, die mich bei der bedeutenden Arbeit unterstützen werden.

Unser Leitthema stellt sich der Frage „Meister vs. Master“. Vielen ist gar nicht bewusst, dass der Mehrheit der Jugendlichen der Durchblick bei der Berufswahl fehlt. Woran liegt das? Und finden Sie es gut, dass gefühlt jeder studiert? Wie kann man diese Situation ändern?

Ein sehr aktuelles Thema, das uns in den Schulen auch sehr beschäftigt. Die Schulen im Allgemeinen und die Mittelschule insbesondere kümmern sich schon sehr im Bereich der Berufsorientierung: Wir führen Bewerbertrainings durch und gestalten oder besuchen Berufsmessen. Zusammen mit unseren Wirtschaftspaten und externen Partnern bieten wir auf breiter Ebene Berufsfindungstage und Berufsprojekte vor Ort an. Einmal pro Woche ist für mehrere Stunden die Berufsberaterin der Agentur für Arbeit im Schulhaus. Es gibt die Begleitung durch die Berufseinstiegsbegleitung (BeReB) und auch die Jugendsozialarbeit an Schulen nimmt sich sehr viel Zeit zur Beratung und Betreuung. Wir haben dieses Jahr zusammen mit der benachbarten Realschule sehr erfolgreich zum Tag des Handwerks mit der Handwerkskammer eigeladen. Unsere SchülerInnen absolvieren über die Jahre hinweg vier bis fünf Betriebspraktika. Verschiedene Handwerks- und Industriezweige kommen ins Schulhaus und stellen ihre Gewerke und die damit verbundenen Chancen in den Klassen vor usw. Die Liste an Angeboten könnte ich noch weiter ausführen. Doch auch wir spüren eine gewisse Depression. Immer mehr SchülerInnen möchten die 9. Klasse wiederholen, um nochmal Zeit für die Berufswahl zu haben. Einige „parken“ bewusst in sog. Vorklassen oder Einführungsklassen. Stellt sich die Frage, warum ist das so? Das hat für mich mehrere Gründe: Die Firmen und Betriebe sind momentan sehr offensiv auf der Suche nach Auszubildenden.

Es findet eine regelrechte Überflutung an Material und Werbeflyern an den Schulen statt. Da braucht es schon ein gutes Coaching der Klassenleitung, damit hier auch alle durchblicken. Wo liegen meine Stärken und Schwächen? Kann ich mich auf diese Stellenausschreibung bewerben oder nicht? Was genau beinhaltet eine Ausbildung in diesem Berufszweig? Was sind die Vorteile oder Nachteile? Ich glaube, zu wissen oder herauszufinden welcher Beruf oder schulische Ausbildung zu einem passt, ist wohl für unsere Jugendlichen die schwierigste Entscheidung überhaupt. Denn sie sind massiv geprägt von der modernen Medienwelt, so dass der Sinn für die Realität oft verloren geht. Denn oft hört man auf den Gängen die sehnlichsten Wünsche – beispielsweise „Ich werde Influencer!“ Ein weiterer gewichtiger Grund: Wir spüren, dass sich immer mehr Eltern in diesem Punkt auf die Schule verlassen. Doch wer kennt denn seine Kinder am besten, zu wem haben die Kinder Vertrauen und wollen den familiären Vorbildern am ehesten nachfolgen? Daher verstehe ich das Ergebnis der Umfrage. Ich denke, gerade die persönlichen Netzwerke und Erfahrungen sind bei der Berufswahl immer noch entscheidend. Und die Eltern müssen sich dieser Verantwortung auch bewusst sein. Als Vater meiner drei „Mädla“ würde ich mich sehr schlecht fühlen, wenn ich sie nicht bei der Berufswahl unterstützen und begleiten würde.

Ich selbst habe vor dem Studium eine Ausbildung gemacht. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte und auf die ich in meinem aktuellen Beruf als Lehrer und Schulleiter immer noch bauen kann. Zu wissen oder zu verstehen, welche Belange für die Ausbildungsbetriebe von Bedeutung sind oder auch Empathie für andere Berufsgruppen zu haben, hilft mir ungemein. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wenn viele junge Leute studieren möchten, weil es gerade hip ist und evtl. das große Geld lockt …

  • Wer soll später unsere Häuser und Wohnungen bauen und einrichten?

  • Wer sorgt sich um Strom, Wasser, Nahrungsmittel?

  • Wer kümmert sich um die Bedürfnisse des Alltags?

  • Das kommunale und private System ist abhängig von guter Handwerkerleistung. Wer repariert unsere Fahrzeuge usw.?

  • Wir brauchen keine Schwemme an Ingenieuren, Bachelor- und Masterabsolventen, die wenig Praxisbezug oder Erfahrung haben und darüber hinaus zunehmend (weil es immer mehr davon gibt) weniger Geld verdienen werden.

  • Nicht alle Schulabgänger sind für ein Studium aufgrund ihrer persönlichen Fähigkeiten geeignet. Damit ist aber nichts verloren. Gute Praktiker sind gefragt und gesucht und werden letztendlich das gleiche Geld verdienen wie ein Hochschulabsolvent, wenn nicht sogar mehr und vielleicht einfacher.

Nur 6 % der Abiturienten wollen Lehrerin oder Lehrer werden. Um dem Fachkräftemangel zu entgegnen, müssten es 16 % sein. Warum empfehlen Sie den Lehrberuf und was würden Sie Abiturienten, die gerade jetzt den Abschluss machen, raten?

Wir LehrerInnen sind durchaus privilegiert. Wir haben einen der schönsten und gleichzeitig wichtigsten Berufe überhaupt. Wer vermittelt den jungen Leuten – heute mehr denn je – die Werte, die lebensnotwendig sind und eine Gesellschafft prägen? Sprechen wir im schulischen Kontext von sogenannten lernenden Organisationen, dann sind es die Schulleitungen und die Lehrkräfte vor Ort, die Schule weiterentwickeln, zeitgemäß halten und mitgestalten. Gerade im Hinblick auf das zunehmend umgesetzte Changemanagement an Schulen haben die Lehrkräfte mehr denn je die Chance, den pädagogischen Prozess mitzugestalten und sich entsprechend zu verwirklichen. Und natürlich ist ein weiterer positiver Aspekt das gewisse Maß an Flexibilität, das berufliche und private Leben in Einklang zu bringen und somit eine hohe Lebensqualität zu erreichen. Ein Beispiel: Es steht mir als Lehrkraft völlig frei, wann ich Schülerarbeiten korrigiere – nachmittags, abends oder am frühen Morgen. Wir haben die beste berufliche Gleitzeit überhaupt! Natürlich wird uns sehr viel abverlangt und der Verwaltungsaufwand sowie die Bedarfe der Kinder haben deutlich zugenommen. So sprechen wir an manchen Tagen nicht unbedingt von einem leichten Berufsleben. (Zeigen Sie mir aber einen Beruf, bei dem das momentan nicht so ist.) Aber es gibt, wenn man ehrlich ist, so viele wunderbare Momente im Schulalltag, beim lockeren Austausch mit den SchülerInnen in den Klassen, mit den Kolleginnen und Kollegen, bei Fahrten, Projekten, Exkursionen und ja sogar bei Abschlussfeiern usw., die einem zeigen, wie wertvoll unser Beruf eigentlich ist und dass man selbst eine große Bedeutung für die ganze „Schulfamilie“ hat. Man ist schließlich für „menschliche Karrieren“ verantwortlich. Wenn man all diese wundervollen Momente und das herzliche Feedback von den uns anvertrauten SchülerInnen zusammenfasst, dann sprechen wir schon von einem erfüllenden „Traumberuf“. Ich würde jedem Abiturienten raten, der sich für ein Lehramt interessiert, mehrere Wochen Praktika an verschiedensten Schularten zu absolvieren. Schule ist nicht gleich Schule, und die Welt, die man am Gymnasium kennengelernt hat, sieht beispielsweise an Grund-, Mittel- und Realschulen durchaus anders aus. Irgendwie muss man auch zu der Schulart, die man anvisiert, mit seiner Persönlichkeit, Einstellung, seinen fachlichen Fähigkeiten und v.a. Dingen mit der pädagogischen „Haltung“ gegenüber SchülerInnen auch passen. Meine Erfahrung zeigt, dass doch einige Praktikanten, die ursprünglich auf Gymnasial- oder Realschullehramt studieren wollten, doch sehr positiv überrascht von der Mittelschule und dem Klassenleiterprinzip mit dessen pädagogischer Wirkung waren und deshalb einen Studienwechsel vollzogen haben. Auch überlegenswert ist, wenn vor dem Studium eine „normale Ausbildung“ gemacht wird. Hier lernen die Studentinnen und Studenten außerhalb der „Blase“ Schule über den Tellerrand zu blicken. Somit bekommen sie einen Einblick, wohin die Schülerinnen und Schüler nach dem Abschluss gehen.

Was müsste sich – Ihrer Meinung nach – im Lehramtsstudium ändern, um perfekt vorbereitet in den Unterricht zu gehen?

Der Vorschlag, den die KEG im Vorfeld zur Lehrerbildung erarbeitet hat, zeichnet für mich schon gute Umsetzungsmöglichkeiten. Oft wird in verschiedenen Gremien über das Mehr an Fachlichkeit vs. Praxis diskutiert. Es steht außer Frage, dass ohne die fachliche Durchdringung kaum eine Reduktion für den Unterricht erfolgen kann. Dadurch wird auch die Variabilität im Unterricht gestärkt. Dennoch brauchen wir in meinen Augen mehr Praxismöglichkeiten und didaktische Kurse, die auf die schulartspezifischen Besonderheiten abgestimmt sind. Es sollte am differenzierten Schulsystem festgehalten werden, wobei eine gewisse Grundausbildung in allen Schularten bezüglich Pädagogik, Psychologie und Schulpädagogik notwendig wäre. In diesem Zusammenhang muss auch der Umgang mit Schülern mit Beeinträchtigungen, beispielsweise emotionaler- sozialer-, kognitiver-, körperlicher Bereiche, im Studium genauso gelernt werden wie der Umgang mit Hochbegabten, verhaltensoriginellen Schülerinnen und Schülern und Sprachanfängern sowie die dazu passenden Hilfsmechanismen. Unabdingbar in der modernen Schulwelt ist auch die Ausbildung bzw. Heranführung an digitale Unterrichtstools. Denn schließlich wollen wir unsere Schülerinnen und Schüler fit für die Zukunft machen. Für ein gewinnbringendes und gesundheitskonformes Berufsleben halte ich es für geboten, dass Lehramtsstudentinnen und -studenten „Werkzeuge“ und Angebote wie die Supervision, Beratung und geführten kollegialen Austausch frühzeitig kennen- und schätzenlernen. Erfahrungen, die man möglicherweise in einem Auslandsstudiensemester sammeln kann, halte ich für sinnvoll und prägend. Das Staatsexamen muss unbedingt beibehalten werden. Hier geht es nicht nur um ein Standing, sondern um juristisch haltbare Abgrenzungen zu anderen Studiengängen zu schaffen, die beispielsweise dann mit dem Besoldungsrecht einhergehen. Ein Staatsdiener, wie wir es sind, benötigt ein Staatsexamen. Das ist auch rein juristisch die Eintrittskarte in den Staatsdienst.